Die neuen Exportkontrollen Chinas für sieben Seltene Erden sorgen für Unruhe in der Industrie. Doch statt nur auf temporäre Engpässe zu reagieren, lohnt sich ein strategischer Blick nach vorn: Was lässt sich aus der aktuellen Situation ableiten und welche Maßnahmen helfen, Versorgungsrisiken künftig besser zu managen?
Die Ausfuhr von Dysprosium, Terbium, Yttrium, Gadolinium, Samarium, Lutetium, Scandium und ihren verschiedenen Verbindungen ist seit Anfang April nur noch mit offizieller Genehmigung möglich. Die jüngsten Verschärfungen bei der Ausfuhr Seltener Erden aus China sind kein Einzelfall. Vielmehr sind sie Ausdruck einer Entwicklung, die sich seit Jahren abzeichnet: Rohstoffe werden zum politischen Machtinstrument. Für Unternehmen bedeutet das spätestens jetzt: Versorgungssicherheit ist nicht mehr gegeben. Gefragt ist ein kritischer Blick auf die eigene Ausgangslage und die Bereitschaft, strategisch umzusteuern.
Betroffene Materialien und Lieferketten identifizieren
Eine strukturierte Analyse der eigenen Lieferkette zeigt, welche Materialien und Verbindungen konkret betroffen sind, an welchen Stellen kritische Abhängigkeiten bestehen und wo kurzfristige Handlungsmöglichkeiten entstehen. Wer diese Transparenz früh herstellt, kann gezielter reagieren, etwa durch passgenaue Anfragen und Suchen im Markt nach verfügbarem Material.
Anforderungen für Exportlizenzen intern und extern klären
Für eine chinesische Ausfuhrgenehmigung sind detaillierte Angaben zum Verwendungszweck nötig, insbesondere, in welchem Endprodukt sich die Seltenen Erden wiederfinden. Unternehmen sollten jetzt aktiv auf ihre Lieferanten zugehen und sicherstellen, dass diese alle erforderlichen Informationen erhalten. Dazu gehört auch, intern Transparenz zu schaffen: Welche Produkte enthalten betroffene Materialien und wo kommen sie beim Verbraucher zum Einsatz? Wer diese Daten Punkt für Punkt zusammenträgt und weitergibt, kann die Antragstellung durch den Lieferanten beschleunigen und zeitnah die Erfolgsaussichten erhöhen.
Wertschöpfungsketten besser verstehen
Seltene Erden durchlaufen mehrere Verarbeitungsstufen: von der Förderung über die chemische Separation bis hin zur Legierung und der Weiterverarbeitung zu Komponenten wie Magneten. Die aktuellen Exportauflagen und drohenden Engpässe betreffen nicht nur ein einzelnes Produkt, sondern reichen von Oxiden bis zu fertigen Magneten. Unternehmen, die diese Wertschöpfungskette nachvollziehen, können ihre spezifischen Risiken genauer einordnen und gezielter nach Alternativen oder verfügbaren Beständen im Markt suchen.
Rohstofffragen sind zentral für das gesamte Risikomanagement
Kritische Rohstoffe werden in vielen Unternehmen noch immer rein bedarfsorientiert eingekauft, ihre strategische Bedeutung bleibt dabei oft unberücksichtigt. Die Verfügbarkeit der Materialien und deren Preisschwankungen beeinflussen heute maßgeblich den Zugang zu Märkten und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen bzw. ihren Produkten. Es lohnt sich daher, das Thema intern zu priorisieren: als festen Bestandteil im Risikomanagement.
Strategische Vorräte aufbauen
Peking hat in der Vergangenheit wiederholt mit kurzfristig eingeführten Exportkontrollen überrascht, die sowohl für einzelne Rohstoffe als auch bestimmte Produktgruppen gelten. Die Erfahrungen mit Pekings Exportauflagen für Gallium und Germanium im Sommer 2023 zeigen: Zwischen Ankündigung, Erteilung der Lizenzen und funktionierender Ausfuhr vergehen oft mehrere Monate. Ein realistischer Zeitrahmen für einen Rohstoffpuffer liegt daher bei drei bis sechs Monaten. Er richtet sich nach Material und Einsatzzweck. Wer hier vorausschauend plant, d. h. eine strategische Lagerhaltung einführt, kann Produktionsunterbrechungen vermeiden, wenn sich Genehmigungsprozesse verzögern.
Risiken sichtbar machen, Versorgungssicherheit schaffen
Exportkontrollen, Lizenzpflichten, geopolitische Spannungen – die Einflussfaktoren auf den Rohstoffhandel nehmen zu. Unternehmen sind gut beraten, sich strukturiert mit ihrer Rohstoffversorgung und den damit verbundenen Abhängigkeiten auseinanderzusetzen. Wer jetzt die richtigen Schlüsse zieht, bleibt auch in einem zunehmend dynamischen Umfeld handlungsfähig.