In den vergangenen Monaten ist der Preis für Rhenium stark gestiegen – ausgelöst vor allem durch die wachsende Nachfrage aus China. Die USA reagieren und planen, den Rohstoff erneut als kritisch einzustufen.
Der Preissprung von Rhenium in den vergangenen Wochen und Monaten ist vor allem auf eine verstärkte Nachfrage aus China zurückzuführen. Das Land baut aktuell seine staatlich geförderte Flugzeugindustrie aus und hat dafür große Mengen an Rhenium erworben, das in Form von Legierungen in Flugzeugturbinen eingesetzt wird. Ein weiterer Preistreiber sind die anstehenden Wahlen in Chile, wo der Bergbau ein zentrales Thema ist. Das südamerikanische Land zählt zu den größten Kupferproduzenten der Welt. Bei der Kupferförderung fällt Molybdän als Nebenprodukt an – und aus der Molybdängewinnung stammt wiederum Rhenium. Bei der globalen Versorgung mit letzterem nimmt Chile damit eine Schlüsselrolle ein.
Da der Markt mit einer primären Jahresproduktion von rund 62 Tonnen äußerst überschaubar ist, wirken sich bereits kleinere Veränderungen bei der Nachfrage spürbar auf die Versorgungslage sowie den Preis aus.
China baut Rhenium-Bestand aus, weitere Anwendungsgebiete kommen hinzu
Die Volksrepublik behandelt die eigenen, chinesischen Produkte in anderen Industrien bevorzugt, daher ist laut TRADIUMs Rhenium-Experten Frank Meier im Bereich der Luftfahrt auch damit zu rechnen. „Es ist zu erwarten, dass China seine Luftfahrtindustrie langfristig stärkt und wie bei den Seltenen Erden ebenso bei Rhenium eine strategische Agenda verfolgt“, führt Meier weiter aus. Ein Nachfragerückgang sei daher unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Perspektivisch werde der Bedarf für die chinesische Luftfahrtindustrie weiter steigen.
Auch außerhalb Chinas wächst die Nachfrage: Airbus und Boeing prognostizieren beispielsweise einen Bedarf von mehr als 40.000 neuen Maschinen in den kommenden 20 Jahren. Zudem entstehen neue Einsatzfelder wie etwa in der modernen Medizintechnik.
Substitution bleibt unrealistisch
Für Rhenium gibt es in der Luftfahrt keine technologische Alternative. „Es bestehen keine realen Chancen auf Substituierungsmöglichkeiten in Legierungen, die in Turbinenschaufeln und -gehäusen eingesetzt werden. Dort auf Rhenium zu verzichten, würde einen erheblichen Rückschritt bei der Qualität bedeuten“, so Meier.
Politik und Markt reagieren auf die aktuelle Situation
Der US Geological Survey (USGS) hat Rhenium in den Entwurf seiner neuen Liste Kritischer Mineralien aufgenommen. Damit gilt der Rohstoff ab sofort wieder als kritisch, nachdem er in den beiden vorherigen Listen 2022 und 2023 nicht berücksichtigt war. Grundsätzlich existiert die USGS-Liste bereits seit 2018, auf der ersten Liste war Rhenium vertreten. Auch im EU-Gesetz über Kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Act), das 2024 in Kraft trat, findet sich Rhenium nicht unter den Rohstoffen, die für die europäische Industrie von zentraler Bedeutung sind.
Frank Meier nimmt diese Entwicklung so wahr: „In den USA hat man die Marktsituation von Rhenium bereits erkannt und den Rohstoff folglich erneut als kritisch eingestuft. Es ist zu erwarten, dass Brüssel der Einstufung des USGS folgen wird und Rhenium ebenfalls auf seine Liste Kritischer Rohstoffe aufnimmt.“
Markt bleibt angespannt
Auf die Frage, ob zeitnah weitere Bezugsquellen des begrenzt verfügbaren Rohstoffs erschlossen werden können, reagiert der Rhenium-Experte skeptisch: „Vorerst ist nicht mit weiteren Produzenten auf dem Markt zu rechnen. Bestehende Anbieter optimieren jedoch ihre Ausnutzungsraten, um aus dem Gestein noch mehr Rhenium zu gewinnen. Auch das Recycling wird immer attraktiver und weiter ausgebaut, um an den gefragten Rohstoff zu kommen“, erläutert Meier.
Diese Maßnahmen reichen allerdings nicht aus, um die steigende Nachfrage zu decken, ein Marktdefizit bleibt auf absehbare Zeit bestehen. Für Politik und Industrie bedeutet dies: Versorgungssicherheit und Recyclingstrategien rücken weiter in den Fokus.