Germanium rückt ins Visier der Verteidigungsindustrie: Chinas Exportkontrollen sorgen für Engpässe bei dem kritischen Technologiemetall. Experten warnen vor einer wachsenden Versorgungslücke, daher wird die strategische Lagerhaltung zur Schlüsselfrage.
China ist der wichtigste Produzent zahlreicher Rohstoffe, die als kritisch für zahlreiche High-Tech-Industrien eingestuft werden. Wie groß diese Marktmacht ist, zeigen die Reaktionen auf jüngste Exportkontrollen des Landes. Bei einigen Rohstoffen brachte das Genehmigungsprozedere die Ausfuhren zwischenzeitlich komplett zum Erliegen. Das gilt auch für Germanium, das sich derzeit größerer Aufmerksamkeit erfreut. Denn das Technologiemetall gilt in der Verteidigungsindustrie als „hidden champion“, wie TRADIUM-Experte Dr. Christian Hell erläutert. Egal ob Nachtsichtgeräte, Sensoren oder Hightech-Linsen, Germanium hat eine ganze Reihe an hochspezialisierten Einsatzzwecken in der Militärtechnik. Aus der Rüstungsbranche ist derzeit zu hören, dass die Versorgung mit Germanium sich zu einem Problem entwickelt, wie jüngst das Handelsblatt berichtete.
Exporte gehen aktuell zurück
Derzeit kommt nur wenig Germanium aus China im Westen an, im Vergleich zum Vormonat fielen die Exporte im April um 93 Prozent auf lediglich 98 Kilogramm. Einen solch starken Rückgang gab es zuletzt nur im Sommer 2023, als Peking erstmals Exportkontrollen erließ. Die Bearbeitung der Ausfuhrgenehmigungen wird auf etwa 45 Arbeitstage beziffert. Gleiches gilt auch für andere Kritische Rohstoffe und Endprodukte, die in Waffensystemen gebraucht werden, so etwa schwere Seltene Erden wie Terbium oder Dysprosium, aber auch Magneten aus Samarium. Hier gelten seit Anfang April dieselben Auflagen und Bearbeitungszeiten in China, die derzeit die Versorgung beeinträchtigen.
„Die Welt zeigt sich erneut überrascht, denn wieder fehlen Vorräte. Dass gezielt bei einzelnen Rohstoffen Nachschub verknappt wird, bringt natürlich den Ländern, die über Rohstoffvorkommen verfügen, indirekt Vorteile in Bereichen wie der Rüstungsindustrie. Mit einer strategischen Planung hätte man dieses Szenario eventuell verhindern oder zumindest das jetzige Ausmaß der Rohstoffknappheit schwächen können. Für die Zukunft ist daher eine langfristige Planung und der strategische Aufbau von Vorratslagern nicht nur dringend notwendig, sondern auf lange Sicht sogar unumgänglich”, so Christian Hell.
Aufrüstung ist rohstoffintensiv
Das Verteidigungsbündnis NATO stuft insgesamt zwölf Rohstoffe als essenziell für den Sektor ein, neben den genannten Metallen gehören dazu unter anderem Aluminium, aber auch Platin. Dass die Nachfrage aus dem Bereich Militär weiter steigen wird, ist angesichts der zunehmenden Polarisierung der Welt absehbar. Die Europäische Union hat im März dieses Jahres den Verteidigungsplan „Readiness 2030“ vorgestellt, der bis zu 800 Milliarden Euro für den Ausbau europäischer Militärfähigkeiten mobilisieren soll.
Auch in anderen Ländern nimmt die (Wieder-)Aufrüstung eine wachsende Rolle ein. Die US-Regierung etwa hat für 2026 eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 13 Prozent gegenüber 2025 ins Spiel gebracht, was erstmals ein Gesamtbudget von über einer Billion Dollar bedeuten würde. Japan will seine Verteidigungsausgaben bis 2027 auf fast zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verdoppeln.
Vor diesem Hintergrund gewinnt der Aufbau von Rohstoffpartnerschaften mit Ländern, die reich an Bodenschätzen sind, aber auch die Entwicklung von heimischen Kapazitäten zur Förderung und Weiterverarbeitung neue Relevanz. Gleiches gilt für das von TRADIUM-Experte Hell genannte Stockpiling, den Aufbau strategischer Lagerreserven. Was Unternehmen aus der aktuellen Situation noch lernen können, haben wir kürzlich in einem Markteinblick aufgezeigt.