Windräder bei einem Sturm

Energiewende ohne USA: Ein Dämpfer für die Rohstoffnachfrage?

Zum zweiten Mal seit 2020 kehren die USA dem Pariser Klimaabkommen den Rücken. Was könnte dieser Schritt für den Klimaschutz und den Ausbau Erneuerbarer Energien bedeuten? Welche Auswirkungen sind auf die Nachfrage nach Strategischen Rohstoffen zu erwarten? Unser Marktkommentar beleuchtet die möglichen Konsequenzen.

Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt hat der neue US-Präsident Donald Trump per Dekret den Rückzug aus dem Klimaabkommen von Paris auf den Weg gebracht. Dies ist bereits zum zweiten Mal der Fall: Schon 2020 zog sich das Land unter dem gleichen Präsidenten aus dem 2015 beschlossenem Übereinkommen zur Eindämmung des Klimawandels zurück. Begründet wurde der Schritt damals und heute mit unfairen Belastungen und möglichen Schäden für die heimische Wirtschaft.

Nur wenige Länder beteiligen sich nicht am Klimaabkommen

Das Pariser Klimaabkommen gilt als Meilenstein im Kampf gegen die Erderwärmung. 195 Länder haben sich darin zu dem Ziel bekannt, den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen und Emissionen zu senken. Vorgesehen ist zudem Treibhausgas-Neutralität in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Hinzu kommt ein Klimafonds, in den Industriestaaten einzahlen, um ärmere Länder bei der Bewältigung und Bekämpfung der Erderwärmung zu unterstützen. Mit einem erneuten Austritt wären die USA neben Iran, Jemen und Libyen das vierte Land, das sich nicht an diesem Abkommen beteiligt.

Symbolisch oder praktisch: Was sind die möglichen Konsequenzen des Austritts?

Der Austritt, der gemäß Satzung erst nächstes Jahr wirksam wird, wirft die Frage auf, ob die bisherigen Klimaschutzbemühungen nicht zumindest teilweise vergeblich waren. Einerseits wird dem Klimafonds entscheidende finanzielle Unterstützung entzogen, da die USA als bedeutender Geldgeber wegfallen. Wichtiger dürfte jedoch die Symbolwirkung sein, wenn die größte westliche Wirtschaftsmacht ihren Kurs hin zu fossilen Brennstoffen ändert. „Drill Baby Drill!“ – also der Ausbau der Ölproduktion – war ein Wahlkampfslogan Trumps. Er hat zudem die Subventionen für die Elektromobilität, aber auch den Ausbau der Windkraft ins Visier genommen und damit zwei Eckpfeiler im Kampf gegen die Klimaerwärmung. Zur Photovoltaik in den USA gibt es unterdessen bisher keine Regierungspläne, die deren Fortschritt begrenzen oder beschleunigen könnten.

Windenergie unter Beschuss, doch Widerstand zeichnet sich ab

Ebenfalls durch eine Executive Order, also eine verbindliche Anordnung des Präsidenten, wurde im Januar die Vergabe von Lizenzen für den Bau von Windanlagen auf Bundesgebiet gestoppt, was auch die Küstenregionen umfasst. Dass es zu einem kompletten Stopp des Windkraftausbaus kommt, erscheint derzeit allerdings unwahrscheinlich. Schon nach dem ersten Austritt aus dem Klimaabkommen vor fünf Jahren hatten sich 24 der 50 US-Bundesstaaten zur Fortführung der Vereinbarungen von Paris und dem Ausbau Erneuerbarer Energien auf ihrem Gebiet bekannt. Dieses Versprechen ist am Tag des jüngsten Dekrets erneuert worden. Zu erwähnen ist darüber hinaus, dass es gerade die republikanischen Staaten sind – also die Wählerbasis Trumps – die in den letzten Jahren den größten Zuwachs an Windenergie verbuchen konnten. Diese Form der Erneuerbaren Energien hat sich inzwischen zu einem bedeutenden Jobmotor entwickelt – allein in Texas, dem führenden Standort für Windkraft, sind in dem Sektor über 27.000 Menschen beschäftigt. Mehr als 300.000 Jobs hängen insgesamt in den USA von der Windenergie ab. Hinzu kommen Steuereinnahmen durch die Windparks, die sich für die Gemeinden ergeben.

Sollte sich die Regierung Trump trotz des zu erwartenden Widerstands durchsetzen und den Ausbau der Windkraft stoppen, wird dies auch Auswirkungen auf den Bedarf an Rohstoffen haben. Dies gilt insbesondere für Seltene Erden wie Neodym, Praseodym oder Terbium. Sie sind in Form von Permanentmagneten an der Umwandlung der Drehenergie der Rotorblätter in elektrischen Strom beteiligt und damit von zentraler Bedeutung. Vor allem an Küsten oder auf hoher See setzt man auf Anlagen mit Seltenerdmagneten aus Neodym-Eisen-Bor (NdFeB), da sie weniger Verschleiß als andere Bauarten zeigen und damit weniger Wartung erfordern. Off- und Onshore steckt die Energiegewinnung aus dem Wind in den Staaten Analysten zufolge jedoch noch in den Kinderschuhen – das große Potenzial bleibt unter der aktuellen Regierung möglicherweise ungenutzt. Die Nachfrage nach NdFeB-Magneten fiele dann deutlich geringer aus. Für wie lange, ist allerdings ungewiss, denn Executive Orders sind nur in Kraft, solange sie nicht vom Amtsnachfolger oder gerichtlich zurückgenommen oder für ungültig erklärt werden.

Was droht der Elektromobilität in den USA?

Neben der Windkraft wird sich Trumps Präsidentschaft aller Voraussicht nach auch auf die Elektromobilität auswirken. Bei seiner Amtseinführung widerrief er mehrere Maßnahmen der Vorgängerregierung zur Förderung emissionsfreier Fahrzeuge, darunter das Ziel von 50 Prozent Verkaufsanteil bis 2030 sowie den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Angekündigt ist zudem eine Überprüfung und mögliche Abschaffung der Steuervorteile beim Kauf von E-Autos, die im Subventionsprogramm Inflation Reduction Act (IRA) vorgesehen sind. Sollte der Präsident damit erfolgreich sein – denn neben rechtlichen Hürden würde eine Aufhebung des Investitions- und Jobmotors IRA vermutlich mit Protesten einhergehen – hätte dies Folgen für den Rohstoffbedarf. Die US-Nachfrage nach Elektrofahrzeugen könnte Analysten zufolge einen Dämpfer erhalten und somit auch den Bedarf nach Seltenen Erden verringern. Denn neben Windkraftturbinen sind Elektromotoren ein zentrales Anwendungsgebiet für Seltenerdmagneten.

Der Rohstoffbedarf wird wachsen, aber differenzierter

Die sich abzeichnende Neuausrichtung der Energie- und Mobilitätspolitik könnte sich also durchaus auf die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen auswirken. Wie stark ein möglicher Rückgang ausfällt, hängt jedoch davon ab, ob andere Anwendungsgebiete ausgleichend wirken. Im Hinblick auf Seltene Erden sind es zum Beispiel Industrieroboter oder der Verteidigungssektor, aus dem sich eine steigende Nachfrage ergeben dürfte, denn Elektromotoren, Pumpen und andere wichtige Komponenten enthalten oftmals Permanentmagneten, gerade wenn der Platz begrenzt und hohe Leistung auf kleinem Raum gefragt ist. Von einem Ausbau der Ölförderung würden zudem Seltene Erden wie Cer oder Lanthan profitieren, die als Katalysatoren in der Petrochemie zum Einsatz kommen. Knapp drei Viertel des aktuellen Bedarfs an Seltenen Erden in den USA entfallen bereits jetzt auf diese beiden Elemente.

Wird hingegen die Atomenergie auf Kosten der Windkraft an Bedeutung gewinnen, würden mehr Dysprosium, Erbium, Gadolinium, Holmium und Samarium benötigt. Diese Vertreter der Seltenen Erden werden für Kontrollstäbe oder die Auskleidung von Reaktoren verwendet. Auch wenn das Pendel von Elektroautos wieder mehr Richtung Verbrenner ausschwingen sollte, würde die Elementgruppe nicht vom Radar verschwinden, da sie für die Elektronik und in bestimmten Produktionsprozessen konventioneller Fahrzeuge relevant ist. Plug-in-Hybride, die viele Verbraucher in den USA als eine Art Übergangstechnologie sehen und die sie aktuell gegenüber batterieelektrischen Autos bevorzugen, weisen ebenfalls Elektromotoren mit Magneten aus Seltenen Erden auf.

Der Geschäftsführer von TRADIUM, Matthias Rüth, ist sich sicher, dass Rohstoffe nach wie vor gefragt sein werden und ihre Nachfrage weiter steigt.

„Eine Gewissheit bleibt: Strategische Rohstoffe wie Seltene Erden und Technologiemetalle bleiben relevant, jedoch sind Verschiebungen bei der Nachfrage denkbar. Während der Bedarf für einzelne Anwendungsgebiete sinken könnte, wird er durch andere kompensiert oder sogar übertroffen.“

Seltene Erden bleiben begehrt

Welche Bedeutung die Regierung Trump den Seltenen Erden und anderen Kritischen Rohstoffen beimisst, wird unterdessen nicht nur durch das sehr deutlich kommunizierte Interesse an Grönlands Bodenschätzen, den Seltenerdvorkommen der Ukraine, aber auch dem angekündigten Ausbau der heimischen Gewinnung verdeutlicht. Global gesehen ließe sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien indessen auch nach dem Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht aufhalten. Allein in China stehen die Zeichen auf einen massiven Ausbau der Windenergie, die Volksrepublik stellt jedes Jahr neue Rekorde auf und benötigt dafür Unmengen an Kritischen Rohstoffen. Ähnliches gilt für die Elektromobilität in der Volksrepublik.

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