Welche Auswirkungen auf die Seltenerdindustrie hat das Engagement des US-Verteidigungsministeriums beim Betreiber der Mountain-Pass-Mine, dem einzigen Bergwerk für diese Rohstoffe in den USA?
Das US-Verteidigungsministerium steigt beim wichtigsten Produzenten Seltener Erden des Landes ein: Diese Nachricht verbreitete sich am 10. Juli in Windeseile, der Aktienkurs des in Las Vegas ansässigen Unternehmens stieg zwischenzeitlich um fast 60 Prozent. Konkret sieht die Vereinbarung vor, dass das Ministerium größter Anteilseigner von MP Materials wird und knapp 15 Prozent der ausgegebenen Aktien erwirbt – allerdings handelt es sich um Vorzugsaktien ohne Stimmrechte.
Laut Financial Times hat das Pentagon seit 2020 bereits über 430 Millionen US-Dollar in den Ausbau der US-amerikanischen Seltenerd-Industrie investiert. Neu ist jedoch, dass der Staat nun auch einen Abnahmevertrag mit MP Materials abgeschlossen hat, der eine zehnjährige Preisgarantie für bestimmte Produkte beinhaltet, und zwar zu Preisen, die deutlich über dem aktuellen Marktniveau liegen. Zusätzlich wurde ein weiterer Liefervertrag für Seltenerdmagnete unterzeichnet, die künftig im derzeit entstehenden Werk in Texas produziert werden sollen. Mit dort produzierten Magneten aus recyceltem Material will MP Materials künftig auch den Tech-Giganten Apple beliefern – der millionenschwere Abnahmevertrag wurde wenige Tage nach der Zusage des Pentagons angekündigt.
Hintergrund des staatlichen Investments ist die Marktmacht Chinas und die derzeitige Importabhängigkeit der USA, die auch den Militärbereich betrifft. Die US-Regierung macht das Thema Seltene Erden nun also zur Staatsangelegenheit. Was das für die Industrie und auch Europa bedeutet, schätzt unser Experte Jan Giese, Senior Manager Minor Metals and Rare Earths, ein:
„Chinas staatlich gesteuerte Niedrigpreisstrategie hat den Weltmarkt für Seltene Erden über Jahre hinweg verzerrt: Die Preise blieben künstlich niedrig, Märkte wurden geflutet, Wettbewerber verdrängt. Der privatwirtschaftliche Aufbau von Raffinerie- und Magnetkapazitäten in Nordamerika oder Europa war unter diesen Bedingungen kaum möglich. Ohne staatliches Engagement lässt sich diese Dominanz nicht brechen. Der Deal mit MP Materials ist daher ein starkes Signal des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums. Auch wenn viele Fragen offen bleiben – etwa zur Rechtfertigung der Höhe des Preises, zur Marktwirkung des Preisfloors oder zur Kapitalverfügbarkeit für andere Juniors – ist die Entscheidung nachvollziehbar: MP ist derzeit der einzige Anbieter mit aktiver Mine und Raffinadekapazitäten auf US-Boden. Damit wird das Unternehmen auch weniger abhängig von Konzentratexporten nach China. Der Schritt zeigt erneut: In den USA wird gehandelt, in Europa wird diskutiert. Die EU droht den Anschluss zu verlieren. Es bleibt zu hoffen, dass diese Dynamik nun auch hierzulande die Umsetzung strategisch wichtiger Projekte beschleunigt. Finanzierung und Genehmigung müssen deutlich schneller möglich sein, denn eines ist klar: Das Rennen um kritische Rohstoffe jenseits Chinas hat längst begonnen. Europa steht noch am Start.“
Mountain Pass: Amerikas strategischer Neustart bei Seltenen Erden
Die Geschichte der Mountain-Pass-Mine gilt als Spiegelbild der globalen Entwicklungen im Markt für Seltene Erden. 1949 wurden dort erste Vorkommen entdeckt, ab den 1960er-Jahren war der Standort lange Zeit der weltweit führende Produzent. Aufgrund der deutlich preisgünstigeren Konkurrenz aus China und zunehmend strengeren Umweltauflagen in den USA wurde die Mine 2002 geschlossen. Nach mehreren Eigentümerwechseln nahm MP Materials 2017 den Betrieb wieder auf – mit finanzieller Unterstützung des chinesischen Konzerns Shenghe Resources, der jedoch keine operative Kontrolle ausübt.
Europa zieht nach, aber mit anderem Fokus
Auch in Europa mehren sich politische Initiativen, um die Abhängigkeit bei Kritischen Rohstoffen zu verringern. Mit dem Critical Raw Materials Center will die EU ab 2026 eine zentrale Anlaufstelle schaffen, um strategische Vorräte zu koordinieren und die Lieferketten zu überwachen. Noch fehlt eine EU-Instanz, wie etwa die JOGMEC in Japan, die in Rohstoffgewinnung und Verarbeitung investiert. Der kürzlich vorgestellte EU-Haushaltsentwurf für die Jahre 2028 bis 2034 enthält keine diesbezüglichen Hinweise, obwohl Branchenvertreter immer wieder deutlich mehr Finanzmittel für die gesamte Wertschöpfungskette gefordert hatten. Auf nationaler Ebene könnten Rohstofffonds, wie sie bereits in Frankreich und Deutschland eingeführt sind, den Weg weisen. Ob Europa beim Aufbau eigener Kapazitäten mithalten kann, wird deshalb auch von der Finanzierungskraft und der Entschlossenheit der Mitgliedsstaaten abhängen. Der deutsche Rohstofffonds ist beispielsweise insgesamt mit einer Milliarde Euro ausgestattet und soll einzelne Projekte mit jeweils zwischen 50 Millionen und 150 Millionen Euro unterstützen. Im Vergleich mit den 400 Millionen Dollar (umgerechnet knapp 344 Millionen Euro), die die USA jetzt in MP Materials stecken, also weitaus weniger. Ob also europäische, beziehungsweise von Europa finanzierte Projekte, konkurrenzfähig sein werden, bleibt abzuwarten.
Mehr zum Thema – weitere Investments des Pentagon
Auch wenn das geplante Investment in MP Materials eine neue Dimension darstellt, hat das US-Verteidigungsministerium die Wertschöpfungsketten für Seltene Erden und weitere Kritische Mineralien für den Militärsektor schon länger im Fokus. Hier einige ausgewählte Beiträge des Branchenportals Rohstoff.net zum Thema:
Seltene Erden made in USA: Ucore erhält Millionenförderung vom Pentagon, 15. Mai 2025
Seltene Erden: Pentagon investiert in Terbium-Produzent, 10. September 2024
Seltene Erden: Lynas unterschreibt aktualisierten Vertrag für Anlage in Texas, 1. August 2023
US-Army investiert in heimische Lieferkette für Antimon, 28. Mai 2025